Im Jahr 2026 beginnt die zweite Phase der Exzellenzstrategie in Deutschland - ein Programm, das die Zukunft der deutschen Forschung entscheidend prägt. Nach sieben Jahren erster Förderung hat die Exzellenzkommission am 22. Mai 2025 die neuen Träger der Spitzenforschung bekanntgegeben. Dies ist kein gewöhnlicher Förderaufruf. Es geht um die klare Auswahl der besten und innovativsten Forschungsprojekte im Land - und um die Frage, welche Universitäten in den nächsten sieben Jahren als Exzellenzuniversitäten gelten dürfen.
Was ist die Exzellenzstrategie wirklich?
Die Exzellenzstrategie ist kein loses Sammelbecken für Forschungsgelder. Sie ist ein gezielter Wettbewerb, der deutsche Hochschulen dazu zwingt, sich klar zu positionieren. Die Bundesregierung und die 16 Bundesländer haben sich darauf verständigt, nur diejenigen Projekte zu fördern, die international messbar Spitzenleistungen erbringen. Dafür gibt es zwei Hauptförderlinien: Exzellenzcluster und Exzellenzuniversitäten.
Exzellenzcluster sind konzentrierte Forschungsverbünde, die sich auf ein spezifisches Thema fokussieren - von Quantenmaterialien bis zu medizinischen Innovationen. Sie werden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) ausgewählt. Exzellenzuniversitäten hingegen sind ganze Hochschulen, die als Ganzes eine herausragende Forschungslandschaft vorweisen. Ihre Auswahl trifft der Wissenschaftsrat. Wer den Titel trägt, erhält langfristige Sicherheit - aber auch Verpflichtungen.
Wie viele Cluster wurden ausgewählt - und warum ist das wichtig?
In der zweiten Runde wurden genau 70 Exzellenzcluster aus 98 Anträgen ausgewählt. Das ist eine Erfolgsquote von 71,4 Prozent - und das ist kein Zufall. Die Auswahlkriterien sind streng: Forschungsqualität, internationale Sichtbarkeit, interdisziplinäre Vernetzung und die Fähigkeit, Nachwuchswissenschaftler:innen zu binden. Die 70 Projekte werden ab 2026 mit 539 Millionen Euro pro Jahr gefördert. Das ist ein deutlicher Sprung gegenüber der ersten Runde, in der 57 Cluster mit 385 Millionen Euro ausgestattet wurden.
Die Cluster kommen von 43 Universitäten aus 13 Bundesländern. 45 der 70 Cluster sind Fortsetzungen bereits geförderter Projekte - ein Zeichen dafür, dass frühere Investitionen Früchte tragen. 25 sind neu. Das ist wichtig: Es gibt Raum für Neues. Neue Themen, neue Orte, neue Teams. Ein Beispiel: Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) hat zwei neue Cluster eingeworben - einer zum Thema Batterieforschung, einer zu 3D-Designermaterialien. Das zeigt: Es geht nicht nur um Grundlagenforschung, sondern auch um Anwendungen, die die Wirtschaft voranbringen.
Wie wird eine Exzellenzuniversität?
Der Titel „Exzellenzuniversität“ ist der höchste wissenschaftliche Auszeichnung, die eine deutsche Hochschule erreichen kann. Aber man kann ihn nicht einfach beantragen. Man muss die Voraussetzungen erfüllen. Und die sind klar: Eine Universität braucht mindestens zwei Exzellenzcluster, um sich bewerben zu können. Ein Verbund aus mehreren Universitäten braucht mindestens drei.
Im Jahr 2026 wird entschieden, welche Hochschulen diesen Titel tragen dürfen. Bislang gab es elf Exzellenzuniversitäten. Zehn davon erfüllen auch in der neuen Runde die Voraussetzungen - sie haben zwei oder mehr Cluster. Eine Einrichtung scheidet aus: die Universität Konstanz. Sie hat nur noch einen Cluster. Damit verliert sie den Titel - und muss ab 2027 mit den anderen Universitäten im Wettbewerb um neue Cluster antreten, um wieder in die Spitzengruppe zurückzukehren.
Die Berlin University Alliance - ein Verbund aus Freie Universität Berlin, Humboldt-Universität, TU Berlin und Charité - hat mit fünf Clustern die höchste Zahl erreicht. Das ist kein Zufall. Es ist das Ergebnis jahrelanger Kooperation, gemeinsamer Strategie und struktureller Investitionen. Prof. Dr. Dr. h.c. Günter M. Ziegler, Sprecher der Alliance, sagte: „Diese Cluster sind ein Impuls für die Zukunft Berlins als Wissenschaftsstandort.“
Wie wird das Geld verteilt?
Die Gesamtsumme der Exzellenzstrategie steigt ab 2026 auf 687 Millionen Euro pro Jahr. 75 Prozent kommen vom Bund, 25 Prozent vom jeweiligen Bundesland, in dem der Cluster oder die Universität sitzt. Das ist ein klares Signal: Die Länder müssen mitziehen. Sie können nicht nur zusehen, sondern müssen aktiv in Spitzenforschung investieren.
Die Mittel fließen nicht als pauschale Zuschüsse, sondern als projektbasierte Förderung. Das bedeutet: Geld wird nur ausgezahlt, wenn die Projekte ihre Meilensteine erreichen. Es gibt keine Garantie für langfristige Mittel - nur für sieben Jahre. Danach muss alles neu bewertet werden. Auch die Exzellenzuniversitäten müssen sich alle sieben Jahre beweisen. Kein Titel ist für immer.
Wo liegen die Cluster - und was sagt das über die deutsche Forschungslandschaft?
Die 70 Cluster sind nicht gleichmäßig verteilt. Traditionelle Hochschulstandorte wie Berlin, Bayern und Baden-Württemberg dominieren. Berlin allein hat fünf Cluster. München, Heidelberg, Tübingen, Stuttgart und Hamburg sind ebenfalls stark vertreten. Aber es gibt auch Überraschungen: Universitäten aus Sachsen, Niedersachsen oder Rheinland-Pfalz haben neue Cluster erhalten. Das zeigt: Die Exzellenzstrategie fördert nicht nur die Altvorderen, sondern gibt auch Chancen für Regionen, die bisher weniger sichtbar waren.
Dennoch bleibt die Ungleichheit ein Problem. Kritiker sagen: Die Strategie verstärkt die Kluft zwischen „Hochschulen der ersten und zweiten Liga“. Wer schon starke Strukturen hat, bekommt mehr Geld - und wird noch stärker. Wer nicht dabei ist, hat es schwer, nachzuziehen. Die Exzellenzstrategie hat nicht den Auftrag, die gesamte Hochschullandschaft zu verbessern - sie soll die Spitze stärken. Das ist ihre Stärke. Und auch ihre Schwäche.
Was ist mit den jungen Wissenschaftler:innen?
Ein häufiger Vorwurf an die Exzellenzstrategie: Sie fördert Projekte, nicht Menschen. Die meisten Cluster haben zwar Nachwuchsprogramme - aber oft nur als Randelement. Die echte Herausforderung ist: Wie schafft man es, dass junge Forscher:innen in diesen Cluster langfristig bleiben? Dass sie nicht nur als Postdocs durchlaufen, sondern Karrierewege bekommen?
Einige Cluster haben das bereits besser gelöst: Sie schaffen eigene Junior-Professor:innen-Positionen, integrieren Doktorand:innen in die Führungsebene und verknüpfen Forschung mit Praxis. Das ist kein Zufall. Es ist bewusst gestaltet. Die besten Cluster denken nicht nur in Projekten, sondern in Karrieren.
Was kommt nach 2032?
Die Exzellenzstrategie ist kein Endpunkt. Sie ist ein Prozess. Die nächste Entscheidungsrunde für Exzellenzuniversitäten findet 2032 statt. Bis dahin wird sich zeigen, ob die 70 Cluster ihre Ziele erreicht haben - ob sie internationale Kooperationen etabliert haben, ob sie neue Technologien hervorgebracht haben, ob sie die nächste Generation von Wissenschaftler:innen ausgebildet haben.
Die Strategie hat die deutsche Forschung verändert. Sie hat die Hochschulen gezwungen, sich zu profilieren. Sie hat Kooperationen gefördert - über Fakultäten, über Universitäten, über Ländergrenzen hinweg. Sie hat den Fokus auf Qualität verschärft. Und sie hat gezeigt: Deutschland kann international mithalten - wenn es will.
Doch die nächste Herausforderung ist noch größer: Wie macht man Spitzenforschung nachhaltig? Wie sorgt man dafür, dass nicht nur die großen Cluster blühen, sondern auch die Strukturen, die sie tragen - die Bibliotheken, die Labore, die Verwaltung, die IT? Die Exzellenzstrategie hat die Spitze gestärkt. Jetzt kommt es darauf an, den Boden zu verbessern, auf dem sie wächst.
Wie sieht die Zukunft aus?
Die Exzellenzstrategie ist kein Wettbewerb um Prestige. Sie ist ein Instrument, um Deutschland als Wissenschaftsstandort zu sichern. Die 70 Cluster sind kein Endziel - sie sind ein Anfang. Sie sind die Keimzellen für neue Entdeckungen, neue Technologien, neue Jobs.
Wer jetzt in Forschung investiert, investiert in die Zukunft. Nicht nur für die Universitäten. Sondern für die gesamte Gesellschaft. Denn die besten Ideen entstehen nicht im Stillen. Sie entstehen dort, wo kluge Köpfe zusammenkommen - und die Mittel haben, um zu forschen.
Was ist der Unterschied zwischen Exzellenzcluster und Exzellenzuniversität?
Ein Exzellenzcluster ist ein spezifisches Forschungsprojekt mit einem eng begrenzten Thema - zum Beispiel „Quantenmaterialien“ oder „Klimawandel in Städten“. Er wird von einer oder mehreren Universitäten getragen und wird von der DFG ausgewählt. Eine Exzellenzuniversität hingegen ist eine gesamte Hochschule, die als Ganzes eine herausragende Forschungslandschaft vorweist. Sie muss mindestens zwei Exzellenzcluster haben und wird vom Wissenschaftsrat ausgezeichnet. Der Titel gilt für die gesamte Universität, nicht nur für einzelne Projekte.
Warum ist die Universität Konstanz nicht mehr eine Exzellenzuniversität?
Die Universität Konstanz hat in der zweiten Runde der Exzellenzstrategie nur einen Exzellenzcluster erfolgreich eingeworben. Um als Exzellenzuniversität gefördert zu werden, muss eine Universität mindestens zwei Cluster haben. Da sie diese Voraussetzung nicht mehr erfüllt, verliert sie den Titel ab dem 1. Januar 2027. Sie kann sich erst wieder bewerben, wenn sie in der nächsten Runde mindestens zwei neue Cluster etabliert.
Wie viel Geld fließt in die Exzellenzstrategie ab 2026?
Ab 2026 werden insgesamt 687 Millionen Euro pro Jahr bereitgestellt. Davon gehen 539 Millionen Euro an die 70 Exzellenzcluster. Die restlichen 148 Millionen Euro fließen an die Exzellenzuniversitäten. Der Bund trägt 75 Prozent der Kosten, die Bundesländer jeweils 25 Prozent, basierend auf dem Standort des Projekts.
Wie oft wird die Exzellenzstrategie neu ausgeschrieben?
Die Exzellenzstrategie läuft jeweils sieben Jahre. Die erste Förderperiode endete 2025, die zweite beginnt am 1. Januar 2026 und endet 2032. Die nächste Ausschreibungsrunde für neue Cluster wird voraussichtlich 2029 beginnen. Die Entscheidung über die Exzellenzuniversitäten erfolgt jeweils am Ende jeder Förderperiode - also 2026 und dann wieder 2032.
Können auch kleine Universitäten erfolgreich sein?
Ja, aber nur, wenn sie sich auf ein Thema konzentrieren und international konkurrenzfähig sind. Kleine Universitäten haben oft den Vorteil, dass sie flexibler und fokussierter arbeiten können. Beispiele sind die Universität zu Lübeck, die Universität Tübingen oder die Universität Bremen - alle haben erfolgreich Cluster eingeworben. Es geht nicht um die Größe, sondern um die Qualität und die Fähigkeit, internationale Partner anzuziehen.