Duale Ausbildung in Österreich: So funktioniert das System wirklich

Wenn du in Österreich eine Lehre machst, lernst du nicht nur in der Schule - du lernst im echten Betrieb. Das ist der Kern der dualen Ausbildung. Kein theoretischer Unterricht, der nichts mit der Praxis zu tun hat. Kein Schulabschluss, der dich am Ende ohne konkrete Fähigkeiten zurücklässt. Hier wird handwerkliches Können, technisches Verständnis und kaufmännisches Wissen direkt am Arbeitsplatz vermittelt - und das seit über 50 Jahren.

Wie genau funktioniert das duale System?

Stell dir vor, du verbringst vier Tage pro Woche in einem Unternehmen - vielleicht als Elektrotechnik-Lehrling in einer Werkstatt in Graz, als Friseurlehrling in einem Salon in Salzburg oder als Kaufmann in einem Einzelhandelsbetrieb in Wien. Dort lernst du, wie man wirklich arbeitet: wie man Maschinen bedient, Kunden berät, Rechnungen schreibt oder eine Installation plant. Das ist der Lehrbetrieb.

Am fünften Tag gehst du in die Berufsschule. Dort bekommst du den theoretischen Hintergrund: Physik für Elektriker, Mathematik für Kaufleute, Chemie für Laboranten. Der Unterricht ist nicht abgehoben - er passt direkt zu dem, was du im Betrieb machst. Und wichtig: Diese Schulzeit zählt als Arbeitszeit. Du bekommst dein Lehrlingsgehalt, auch wenn du nicht im Betrieb bist.

Etwa 80 % der Ausbildungszeit findet im Betrieb statt, 20 % in der Schule. Das ist kein Zufall. Es ist geplant. Und es funktioniert. Denn wer nur in der Schule lernt, vergisst schnell, wie man es in der Realität anwendet. Wer nur im Betrieb arbeitet, versteht oft nicht, warum etwas so gemacht wird. Die Kombination macht den Unterschied.

Wie lange dauert eine Lehre?

Nicht alle Lehren sind gleich lang. Je nach Beruf dauert die Ausbildung zwei, zweieinhalb, drei, dreieinhalb oder sogar vier Jahre. Einige Berufe wie Kfz-Mechatroniker oder Medientechnologe dauern dreieinhalb Jahre, weil sie komplexer sind. Andere, wie Verkäufer oder Einzelhandelskaufmann, gehen in zwei Jahren.

Am Ende steht immer die gleiche Prüfung: die Lehrabschlussprüfung. Sie besteht aus drei Teilen: einer praktischen Aufgabe im Betrieb, einem schriftlichen Test in der Berufsschule und einem mündlichen Gespräch mit Prüfern von der Wirtschaftskammer. Wer besteht, erhält das offizielle Zeugnis als geprüfter Facharbeiter - und damit einen anerkannten Berufsabschluss, der in ganz Europa gilt.

Wer kann eine Lehre machen?

Du brauchst keine Hochschulreife. Du brauchst nicht einmal einen guten Schulabschluss. Die einzige Voraussetzung: Du hast die neunjährige Schulpflicht abgeschlossen. Das bedeutet: Nach der 9. Schulstufe kannst du starten - egal ob du mit Note 2,3 oder 4 abgeschlossen hast.

Doch wer eine gute Note hat, hat bessere Chancen. Laut AMS-Statistik steigt die Vermittlungsquote um 43 %, wenn du die 9. Schulstufe mit positivem Abschluss beendest. Warum? Weil Betriebe lieber Lehrlinge nehmen, die zeigen, dass sie lernen können. Aber es ist kein Ausschlusskriterium. Viele Lehrlinge, die mit Schwierigkeiten in der Schule begannen, haben später den besten Abschluss gemacht - einfach weil sie in der Praxis aufgegangen sind.

Grundkenntnisse in Deutsch (mindestens B1) und Mathematik sind nötig. Du musst Anweisungen verstehen, Protokolle schreiben, Rechnungen kontrollieren. Ohne das läuft nichts. Aber wenn du bereit bist, dich einzusetzen, gibt es Wege - auch wenn du Deutsch nicht perfekt sprichst.

Aufteilung eines Tages einer Lehrling: im Laden und in der Berufsschule.

Was ist die Lehre mit Matura?

Das ist eine der größten Stärken des österreichischen Systems: Du kannst deine Lehre mit der Berufsmatura kombinieren. Das bedeutet: Du machst nicht nur eine Ausbildung - du bekommst gleichzeitig die Hochschulreife.

Das ist nicht einfach ein Zusatzkurs. Es ist ein vollwertiger, intensiver Bildungsweg mit zusätzlichen Fächern wie Deutsch, Mathematik, Englisch und einem fachbezogenen Projekt. Du lernst mehr, arbeitest härter - aber du kannst danach direkt an eine Uni oder Fachhochschule gehen. Kein Umweg. Kein Jahr Warten. Kein Aufnahmetest.

Seit 2011 gibt es das. Und mittlerweile machen über 25 % aller Lehrlinge diese Option. In technischen Berufen wie IT-Systemtechnik oder Elektrotechnik ist sie besonders beliebt. Wer später Ingenieur werden will, braucht sie. Wer später Meister oder Betriebswirt werden will, braucht sie. Und wer einfach mehr Bildung will, nimmt sie - weil sie möglich ist.

Welche Berufe gibt es?

Österreich kennt rund 200 Lehrberufe. Die meisten liegen in drei Bereichen:

  • Metaltechnik (18,3 % aller Lehrlinge): Elektrotechnik, Kfz-Mechatronik, Werkzeugmechanik
  • Handel (15,7 %): Verkäufer, Einzelhandelskaufmann, Groß- und Außenhandel
  • Gastronomie (12,4 %): Koch, Restaurantfachkraft, Hotelfachmann

Aber es gibt auch neue Berufe - und die sind oft digital. Seit 2022 gibt es zum Beispiel:

  • IT-Systemtechniker
  • Medientechnologe
  • Digitalisierungsberater
  • E-Mobilitätstechniker

Das sind keine Fiktionen. Das sind echte Jobs, die heute schon vergeben werden. Und die Unternehmen suchen sie - weil sie sie brauchen. Der Fachkräftemangel ist real: 73 % der österreichischen Firmen haben Schwierigkeiten, qualifizierte Leute zu finden. Wer eine Lehre macht, hat damit eine gute Zukunft.

Was sind die Nachteile?

Es ist kein perfektes System. Und wer sagt, es wäre so, lügt.

Ein großes Problem: Die Qualität der Betreuung im Betrieb ist ungleich. In manchen Firmen wird wirklich ausgebildet. Der Meister erklärt alles, lässt dich Schritt für Schritt lernen, gibt Feedback. In anderen? Du wirst als billige Arbeitskraft eingesetzt. Du putzt, trägst, hilfst - aber lernst kaum etwas. Das ist nicht die Regel - aber es passiert. Laut Umfragen von Lehre.at gaben 32 % der Lehrlinge an, nicht ausreichend betreut zu werden.

Ein weiteres Problem: Die Digitalisierung hinkt hinterher. 62 % der Berufsschulen nutzen digitale Lernplattformen - aber nur 45 % der Betriebe. Viele Lehrbetriebe arbeiten noch mit Papier, mit alten Handbüchern, mit mündlichen Anweisungen. Die neue Generation erwartet Apps, Videos, Online-Tests. Und die Systeme sind langsam dabei, das zu ändern.

Und dann ist da noch die Balance. 38 % der Lehrlinge sagen: Der größte Stress ist, zwischen Betrieb und Schule zu wechseln. Früh aufstehen, zur Schule, nach Hause, dann zur Arbeit, dann Hausaufgaben. Kein leichter Weg. Aber er lohnt sich.

Digitale Lern-App zeigt Fortschritte eines Lehrlings mit Berufsmatura und EU-Berufsaussichten.

Was passiert nach der Lehre?

Die meisten Lehrlinge bleiben im Betrieb. 87 % bekommen ein Übernahmeangebot. Das ist weltweit eine der höchsten Quote. Warum? Weil der Betrieb dich schon jahrelang kennengelernt hat. Du weißt, wie es läuft. Du kennst die Kollegen. Du hast Verantwortung übernommen. Es ist einfacher, dich zu behalten, als jemand Neues einzustellen - und zu trainieren.

Du kannst Meister werden. Du kannst Techniker werden. Du kannst Betriebswirt werden. Du kannst studieren - mit deiner Berufsmatura. Du kannst ins Ausland gehen - dein Abschluss ist EU-weit anerkannt. Du kannst dich selbstständig machen - viele Handwerker, die heute eigene Betriebe haben, haben mit einer Lehre begonnen.

Und wenn du dich nicht für einen Beruf entscheiden kannst? Kein Problem. Du kannst auch eine zweite Lehre machen. Oder eine Weiterbildung. Das System ist flexibel. Es erlaubt es dir, dich weiterzuentwickeln - ohne dass du alles von vorne anfangen musst.

Wie fängst du an?

1. Finde einen Betrieb. Schau auf Plattformen wie Lehre.at oder AMS.at. Gehe in Betriebe deiner Branche und frag direkt. Bring deinen Lebenslauf mit - auch wenn du ihn noch nicht perfekt hast. Zeig, dass du motiviert bist.

2. Unterschreibe den Lehrvertrag. Den macht dein zukünftiger Arbeitgeber mit der Wirtschaftskammer. Du bekommst eine Kopie. Lies ihn. Erklärt dir, was drinsteht - besonders was mit Gehalt, Ferien und Prüfungen steht.

3. Registrierung bei der Berufsschule. Das macht dein Betrieb für dich. Du musst nichts tun - außer dich anmelden, wenn du die Einladung bekommst.

4. Starte. Dein erster Tag ist ein großer Tag. Du wirst nervös sein. Das ist normal. Aber du wirst auch merken: Du bist jetzt kein Schüler mehr. Du bist ein Lehrling. Und du bist Teil eines Systems, das funktioniert.

Was kommt als Nächstes?

Ab 2025 wird es eine neue Regelung geben: Teilqualifikationen. Das bedeutet: Du kannst nicht mehr nur die ganze Lehre machen - du kannst auch einzelne Module abschließen. Wenn du nach einem Jahr merkst, dass du nicht in diesem Beruf bleiben willst, hast du trotzdem einen anerkannten Abschluss in einem Teilbereich. Das macht das System zugänglicher - besonders für Jugendliche, die unsicher sind oder aus bildungsfernen Familien kommen.

Dazu kommt die digitale Transformation. Bis 2025 soll jeder Lehrling einen digitalen Ausbildungsnachweis haben - eine App, in der du deine Fortschritte, deine Projekte, deine Prüfungen verfolgen kannst. Das ist kein Spielzeug. Das ist ein Werkzeug - für dich, für deinen Betrieb, für die Zukunft.

Das duale System in Österreich ist nicht perfekt. Aber es ist real. Es funktioniert. Und es gibt dir eine echte Chance - ohne Studiengebühren, ohne Schulden, ohne Unsicherheit. Du lernst, du verdienst, du wirst Expertin oder Experte. Und du hast eine Zukunft - nicht irgendwann. Jetzt.

Kann ich auch ohne guten Schulabschluss eine Lehre machen?

Ja, du kannst eine Lehre machen, auch wenn du die 9. Schulstufe mit einer 4 oder schlechter abgeschlossen hast. Die einzige Voraussetzung ist, dass du die neunjährige Schulpflicht erfüllt hast. Ein positiver Abschluss erhöht zwar deine Chancen auf eine Lehrstelle, ist aber keine Pflicht. Viele Betriebe schauen eher auf deine Motivation, deine Zuverlässigkeit und deine praktischen Fähigkeiten - nicht nur auf deine Noten.

Wie viel verdient man als Lehrling?

Das Lehrlingseinkommen hängt vom Beruf, dem Jahr und dem Bundesland ab. Im ersten Lehrjahr liegt es meist zwischen 700 und 900 Euro brutto pro Monat. Im zweiten Jahr steigt es auf 900-1.100 Euro, im dritten auf 1.100-1.400 Euro und im vierten auf bis zu 1.500 Euro. In manchen Branchen wie IT oder Elektrotechnik sind die Gehälter höher. Du bekommst dieses Geld auch während der Berufsschule - du musst nicht arbeiten, um zu lernen.

Ist eine Lehre mit Matura schwerer als eine normale Lehre?

Ja, es ist anspruchsvoller. Du machst dieselbe praktische Ausbildung wie alle anderen Lehrlinge - aber du hast zusätzlich Unterricht in Deutsch, Mathematik, Englisch und einem fachlichen Projekt. Du musst mehr lernen, mehr schreiben, mehr präsentieren. Aber du bekommst dafür die Hochschulreife - und kannst direkt studieren, ohne ein Jahr Wartezeit oder einen Aufnahmetest. Viele Lehrlinge sagen: Es ist hart, aber es lohnt sich.

Kann ich nach der Lehre studieren?

Ja, wenn du die Berufsmatura hast, kannst du direkt an jeder Universität oder Fachhochschule in Österreich studieren - ohne Aufnahmeprüfung. Auch ohne Matura kannst du studieren, aber dann musst du erst den sogenannten Studienberechtigungsnachweis machen - das ist ein Jahr Vorbereitung. Die Matura spart dir also Zeit, Geld und Stress.

Warum gibt es so viele neue Lehrberufe?

Weil sich die Arbeitswelt verändert. Früher gab es nur Schlosser, Bäcker und Elektriker. Heute brauchen wir IT-Systemtechniker, E-Mobilitätstechniker, Medientechnologen und Digitalisierungsberater. Die Wirtschaftskammer und das Bildungsministerium entwickeln jedes Jahr neue Lehrberufe, damit junge Menschen auf die Jobs vorbereitet sind, die es wirklich gibt - und nicht auf solche, die vor 30 Jahren existierten.

13 Kommentare

  1. Karoline Abrego

    Karoline Abrego

    Ich hab ne Lehre gemacht, war total überfordert. Die Schule war okay, aber im Betrieb hab ich nur Kaffee geholt. Kein Wunder, dass viele aufgeben.

  2. Stefan Sobeck

    Stefan Sobeck

    Mein Bruder macht gerade Elektrotechnik und liebt es. Sagt, er fühlt sich endlich wertgeschätzt. Kein Stress mit Prüfungen, nur echtes Können. Endlich was Praktisches!

  3. Alexandra Schneider

    Alexandra Schneider

    ich hab auch ne lehre gemacht und es war das beste, was mir passiert ist. hab mich nie so gebraucht gefühlt wie damals. die schule war immer passend zum betrieb, das war mega

  4. Max Weekley

    Max Weekley

    Ja, aber nur, wenn der Betrieb nicht total arschloch ist. Ich hab 3 Monate im Betrieb gesessen, nur Papierkram gemacht. Kein einziger Meister hat was erklärt. Das ist kein System, das ist Ausbeutung.

  5. sylvia Schilling

    sylvia Schilling

    Es ist erschreckend, wie viele junge Menschen noch immer glauben, dass Bildung nur etwas für die Elite ist. Die duale Ausbildung ist die letzte Bastion echter Chancengleichheit – und doch wird sie von den Intellektuellen belächelt. Wer sich weigert, mit den Händen zu lernen, hat verloren. Wer nur im Kopf denkt, wird nie wirklich etwas bauen.


    Die Berufsmatura ist nicht nur eine Option – sie ist eine Revolution. Sie sagt: Du musst dich nicht entscheiden zwischen Kopf und Hand. Du kannst beides sein. Und das ist kein Luxus, das ist ein Recht.


    Warum also verhöhnen wir diese Wege? Warum schreiben wir über Studiengebühren, als wären sie das Maß aller Dinge? Weil wir Angst haben. Angst davor, dass jemand ohne Uni-Abschluss erfolgreicher ist als wir. Angst davor, dass echte Fähigkeiten wichtiger sind als Noten.


    Ich kenne einen Kfz-Mechatroniker, der jetzt ein eigenes Unternehmen hat. Hat nie eine Uni betreten. Aber er versteht Maschinen besser als jeder Doktorand in seiner Theoriehöhle. Und er verdient doppelt so viel wie ich. Was sagt das über uns?


    Wir brauchen nicht mehr Hochschulabsolventen. Wir brauchen mehr Menschen, die wissen, wie man etwas repariert. Wer baut die Windkraftanlagen? Wer installiert die Solarpanels? Wer wagt es, die Zukunft mit den Händen zu gestalten – und nicht nur mit dem Mund?


    Die duale Ausbildung ist kein Ausweg. Sie ist der Weg. Und wer sie ablehnt, lehnt die Zukunft ab.

  6. Arno Raath

    Arno Raath

    Also ich find’s irgendwie traurig, dass man in Österreich noch immer denkt, man müsste ‘was machen’ – als wäre das nicht auch nur ein Konstrukt der kapitalistischen Leistungsgesellschaft. Wer sagt, dass man nicht einfach mal ‘nichts’ tun kann? Wer sagt, dass man nicht einfach nur leben darf, ohne sich in einen Beruf zu pressen?


    Die Lehre ist nur ein neuer Weg, dich an das System zu binden. Du wirst nicht frei – du wirst nur besser verpackt. Ein Meister, der dich lehrt, ist kein Mentor – er ist ein Wächter des Status quo.


    Und die Berufsmatura? Das ist der letzte Schrei des Bildungskapitalismus. Du sollst nicht nur arbeiten, du sollst auch noch lernen, wie du gut arbeitest. Du sollst dich selbst ausbeuten – mit einem Abschluss in der Tasche, der dich glauben lässt, du wärst etwas Besonderes.


    Ich hab keine Lehre gemacht. Ich hab einen Job im Café. Ich hab keine Matura. Ich hab keine Zukunft. Aber ich hab Freiheit. Und das ist mehr, als alle Abschlüsse der Welt jemals sein können.

  7. Elien De Sutter

    Elien De Sutter

    Ich komme aus Belgien und hab das System in Österreich zum ersten Mal gesehen – und ich war sprachlos. Hier wird Jugend nicht als Problem gesehen, sondern als Chance. In meiner Heimat zwingt man junge Leute entweder ins Studium oder in die Arbeitslosigkeit. Kein Dazwischen. Kein Weg. Kein Respekt.


    Ich hab mit einem 17-Jährigen gesprochen, der Elektriker wird. Hatte vorher keine Noten, hat aber eine Leidenschaft für Kabel. Und jetzt? Er baut ganze Schaltanlagen. Und er wird bezahlt. Und er wird gesehen.


    Das ist nicht Bildung. Das ist Zuneigung. Das ist: Wir glauben an dich – und zeigen es mit Arbeit, nicht mit Worten.


    Ich wünschte, wir hätten das auch bei uns. Nicht als Exportprodukt. Sondern als Herzenssache.

  8. Sabine Kettschau

    Sabine Kettschau

    Ich hab 10 Jahre als Ausbilder gearbeitet und kann euch sagen: 80 % der Betriebe machen es richtig. Die anderen? Die sind einfach faul oder zu klein. Die sagen: Wir haben keine Zeit. Aber die Zeit ist nicht das Problem – die Haltung ist’s. Wer keine Lust hat, Lehrlinge zu bilden, sollte keine bekommen. Punkt.


    Und die Digitalisierung? Ja, die ist langsam. Aber wer erwartet, dass ein 70-jähriger Schlosser plötzlich mit einer App arbeitet? Die müssen erst lernen, dass es überhaupt eine gibt. Das ist kein Versagen – das ist Evolution. Und Evolution braucht Zeit.


    Die neuen Berufe? Genau richtig. Aber nicht nur weil sie digital sind. Sondern weil sie zeigen: Die Zukunft ist nicht abstrakt. Sie ist praktisch. Sie ist in Werkstätten. Sie ist in Schaltkästen. Sie ist in den Händen von Menschen, die nicht auf Instagram ihr Leben zeigen, sondern in der Realität etwas bauen.


    Und wenn jemand sagt, die Lehre sei kein echter Abschluss? Dann hat er nie einen Lehrling gesehen, der nach der Prüfung weint, weil er es geschafft hat. Weil er endlich stolz ist. Weil er endlich weiß: Ich bin was wert.

  9. Maximilian Erdmann

    Maximilian Erdmann

    Lehre = 4 Jahre arbeiten für 800€ + 1 Tag Schule. Und dann heißt es: ‘Du bist jetzt ein Experte!’ 🤡


    Ich hab meinen Cousin besucht, der Kfz-Mechatroniker ist. Hatte 12 Std. Arbeitstag, 3 Std. Hausaufgaben, und am Wochenende hat er noch ‘Praktikum’ – also wieder im Betrieb. Kein Urlaub. Kein Freizeit. Kein Leben.


    Und dann kommt die Matura? Noch mehr Stress. Noch mehr Papier. Noch mehr Scheiße. Ich find’s krass, dass Leute das als ‘Chancengleichheit’ verkaufen. Es ist nur ein längerer Weg zur gleichen Ausbeutung.


    Und wer sagt, dass alle 87 % übernommen werden? Die Zahlen sind schön. Aber die Realität? Die meisten werden nach 2 Jahren rausgeworfen, weil sie ‘nicht passen’. Und dann? Kein Geld. Keine Perspektive. Nur ein Zettel, der nichts wert ist.


    Ich sag’s mal so: Wer das System liebt, hat nie in einem echten Betrieb gearbeitet. 😅

  10. Rolf Jahn

    Rolf Jahn

    Oh wow, eine Lehre. So was gibt’s noch? Ich dachte, das ist ausgestorben wie die Dinosaurier. Oder der Briefkasten. Oder die Ehrlichkeit.


    Also, wenn ich jetzt einen Job hab, der mir 1.500 € bringt, und ich muss dafür 4 Jahre lang jeden Tag um 5 Uhr aufstehen, dann ist das kein ‘System’. Das ist ein Gefängnis mit Gehalt.


    Und die Matura? Ach ja, die ist ja auch noch ‘kostenlos’. Na klar. Solange man keine Lust hat, nach der Arbeit noch 3 Stunden Deutsch zu lernen. Super. Danke für die Lebensqualität.


    Ich hab meinen Sohn mal gefragt, warum er nicht studiert. Er sagt: ‘Weil ich lieber mit dem Auto rumfummel als mit deinen Büchern.’


    Und ich hab ihn geliebt. Und ich hab ihn verstanden. Und ich hab ihn nicht gezwungen.


    Vielleicht ist das der einzige echte Fortschritt: Nicht zu wissen, was richtig ist. Sondern zu akzeptieren, dass jemand anders anders tickt.

  11. Francine Ott

    Francine Ott

    Ich arbeite als Bildungsberaterin und habe mit über 200 Lehrlingen gesprochen. Die meisten sagen: Es ist hart, aber es ist fair. Sie fühlen sich nicht als Arbeitskraft, sondern als Lernende. Das ist der Unterschied. Die meisten Betriebe, die es gut machen, haben einen klaren Ausbildungsplan – und einen Ausbilder, der sich Zeit nimmt.


    Die Digitalisierung ist kein Bonus – sie ist eine Notwendigkeit. Aber sie muss menschlich sein. Eine App ist kein Ersatz für einen Meister, der sagt: ‘Schau mal, wie das funktioniert.’


    Die Teilqualifikationen ab 2025? Das ist ein Meilenstein. Endlich wird anerkannt: Lernen ist kein All-or-Nothing. Es ist ein Prozess. Und jeder Schritt zählt.


    Ich habe eine junge Frau kennengelernt, die nach der 9. Klasse abgebrochen hat. Hatte keine Hoffnung. Heute ist sie Digitalisierungsberaterin – mit Berufsmatura. Sie sagt: ‘Ich hab nie gedacht, dass ich mal etwas schaffe. Jetzt weiß ich: Ich kann.’


    Das ist das System. Nicht perfekt. Aber lebendig. Und das ist mehr, als viele Hochschulen bieten.

  12. Michelle Fritz

    Michelle Fritz

    Deutschland hat es besser. Wir haben keine Lehre, wir haben Ausbildung. Und die ist nicht für alle, nur für die, die es verdienen. Österreichs System ist eine soziale Wohltat für die Schwachen – und das ist kein Ruhm, das ist eine Schwäche.


    Wer keine guten Noten hat, soll nicht in eine Lehre. Sondern in eine Berufsvorbereitung. Oder in die Arbeitslosigkeit. Das ist kein Härtefall – das ist Realität.


    Die Berufsmatura ist ein Almosen. Wer sie will, soll sie machen. Aber sie sollte nicht als Standard verkauft werden. Wer studieren will, soll studieren. Wer arbeiten will, soll arbeiten. Mischen ist nur verwirrend.


    Und diese neuen digitalen Berufe? Ein Trend, der in 5 Jahren ausgestorben ist. Wer heute IT-Systemtechniker wird, ist in 10 Jahren obsolet. Wer eine echte Handwerkslehre macht, bleibt relevant. Einfach weil er mit den Händen arbeitet – nicht mit einem Tablet.


    Österreich verliert seine Identität. Es versucht, alle glücklich zu machen. Aber Bildung ist keine Demokratie. Sie ist eine Hierarchie. Und die Schwachen gehören nicht nach oben. Sie gehören nach unten. Und das ist richtig.

  13. sylvia Schilling

    sylvia Schilling

    Die Antwort auf den letzten Kommentar? Ich kenne einen Mann. Hat die 9. Klasse mit 4 abgeschlossen. Hat keine Chance gehabt. Hat eine Lehre als Tischler gemacht. Hat sich in der Freizeit Deutsch gelernt. Hat die Berufsmatura gemacht. Hat dann Architektur studiert. Heute plant er soziale Wohnungen – für Menschen wie ihn.


    Er sagt: ‘Ich hab nie gewusst, dass ich was kann. Bis ich gelernt hab, dass ich was bin.’


    Das ist nicht Schwäche. Das ist Stärke. Und das ist Österreich.

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