Freelancing im Studium in Deutschland: Umsatzsteuer, Künstlersozialkasse und Rechnungen einfach erklärt

Studieren und nebenbei freelancen? Das machen heute mehr als jeder vierte Studierende in Deutschland. Ob als Grafikdesigner, Tutor, Übersetzer oder Webentwickler - viele nutzen ihre Fähigkeiten, um das Studium zu finanzieren. Doch hinter der Flexibilität steckt eine Menge Steuer- und Versicherungs-Regeln, die viele übersehen. Eine falsche Rechnung, ein vergessener Hinweis auf die Kleinunternehmerregelung oder die falsche Krankenversicherung - das kann teuer werden. Keine Sorge: Du musst kein Steuerexperte sein, um das richtig zu machen. Hier bekommst du alles, was du als Studierender brauchst, um als Freiberufler in Deutschland legal, sicher und ohne Überraschungen zu arbeiten.

Was macht dich zum Freiberufler - und nicht zum Gewerbetreibenden?

Bevor du eine Rechnung schreibst, musst du wissen: Du bist kein Gewerbetreibender, sondern ein Freiberufler. Das klingt technisch, ist aber entscheidend. Freiberufler sind Menschen, die eine kreative, wissenschaftliche, technische oder beratende Tätigkeit ausüben - also zum Beispiel als Designer, Programmierer, Übersetzer, Tutor, Journalist oder Fotograf. Gewerbetreibende hingegen verkaufen Waren, produzieren etwas oder bieten Dienstleistungen im Handel an, wie ein Bäcker, ein Elektriker oder ein Online-Shop-Betreiber.

Das Finanzamt entscheidet das anhand eines Fragebogens, den du bei der Anmeldung als Freiberufler ausfüllst. Wenn du dort deine Tätigkeit als freiberuflich einstufst und das Finanzamt zustimmt, zahlst du keine Gewerbesteuer. Das ist ein großer Vorteil: Der Gewerbesteuerfreibetrag liegt bei 24.500 Euro pro Jahr - aber als Freiberufler brauchst du ihn gar nicht, weil du nicht zahlen musst. Außerdem brauchst du keine Gewerbeanmeldung beim Rathaus. Alles läuft über das Finanzamt.

Was zählt als freiberufliche Tätigkeit? Eindeutig: Nachhilfe geben, Texte schreiben, Websites bauen, Videos produzieren, Beratung leisten. Was nicht zählt? Wenn du T-Shirts online verkaufst, die du selbst druckst, oder wenn du gebrauchte Bücher auf eBay verkaufst - das ist Handel, kein Freiberuf.

Umsatzsteuer: Warum du sie oft gar nicht berechnen musst

Die Umsatzsteuer ist der größte Stolperstein für Studierende. Die Regel ist simpel: Wer freiberuflich arbeitet, ist grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig. Aber - und das ist der Knackpunkt - es gibt eine Ausnahme: die Kleinunternehmerregelung.

Wenn du im Vorjahr weniger als 22.000 Euro netto verdient hast und im laufenden Jahr voraussichtlich nicht mehr als 60.000 Euro verdienst, kannst du die Kleinunternehmerregelung nutzen. Das gilt für 68 Prozent aller studentischen Freiberufler. Die Vorteile sind riesig: Du musst keine Umsatzsteuer auf deine Rechnungen schreiben, keine monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen abgeben und seit 2024 auch keine jährliche Umsatzsteuererklärung mehr.

Doch es gibt einen Haken: Du kannst keine Vorsteuer abziehen. Das heißt: Wenn du für deinen Laptop 1.200 Euro zahlst, inklusive 228 Euro Umsatzsteuer, dann bekommst du diesen Betrag nicht vom Finanzamt zurück. Für Privatkunden ist das kein Problem - sie zahlen ja ohnehin keine Umsatzsteuer. Aber wenn du für eine Firma arbeitest, die Vorsteuer absetzen will, dann ist deine Rechnung ohne Umsatzsteuer für sie unattraktiv. Sie müsste dann den vollen Betrag tragen. Viele Unternehmen bevorzugen daher Freiberufler, die Umsatzsteuer ausweisen.

Wichtig: Die Regelung bindet dich für fünf Jahre. Wenn du im dritten Jahr plötzlich 80.000 Euro verdienst, kannst du nicht einfach umsteigen. Dann musst du nachträglich Umsatzsteuer zahlen - und das kann schnell mehrere tausend Euro ausmachen. Also: Rechne gut. Wenn du unsicher bist, bleib bei der Regelung. Der Verwaltungsaufwand ist so klein, dass er den Verlust an Vorsteuerabzug bei den meisten Studierenden mehr als aufwiegt.

Künstlersozialkasse: Was du als Künstler oder Designer wissen musst

Wenn du künstlerisch tätig bist - also als Grafiker, Musiker, Fotograf, Schriftsteller, Illustrator oder Designer - bist du möglicherweise künstlerisch tätig im Sinne der Künstlersozialkasse (KSK). Das ist kein freiwilliger Zusatz, sondern eine Pflicht, wenn du mehr als 7.200 Euro pro Jahr verdienst.

Die KSK übernimmt die Hälfte deiner Sozialversicherungsbeiträge. Du zahlst nur 4,2 Prozent deiner Einnahmen, die KSK zahlt den gleichen Betrag. Das ist eine riesige Unterstützung. Denn normalerweise müsstest du als Selbstständiger alleine 18,6 Prozent für Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung zahlen. Mit der KSK zahlst du weniger als die Hälfte.

Aber: Du kannst nicht gleichzeitig die studentische Krankenversicherung behalten. Wenn du dich in die KSK eintragen lässt, verlierst du deinen Studentenstatus in der Krankenkasse. Du musst dich entscheiden: Entweder du bleibst bei der gesetzlichen Krankenversicherung als Student - dann zahlst du monatlich etwa 110 Euro und hast keine Sozialversicherungsbeiträge für deine Freelance-Einkünfte. Oder du wechselst in die KSK - dann zahlst du nur 4,2 Prozent deiner Einnahmen, bekommst aber eine volle gesetzliche Krankenversicherung, Rentenversicherung und Pflegeversicherung.

62 Prozent der künstlerisch tätigen Studierenden nutzen die KSK. 38 Prozent entscheiden sich für die studentische Krankenversicherung und zahlen freiwillig in die gesetzliche Krankenversicherung ein. Beides ist legal. Aber: Wenn du später mehr verdienst, ist die KSK die bessere Wahl. Sie sichert dich ab - und kostet weniger als du denkst.

Grafikdesigner-Studierende mit Künstlersozialkasse-Logo und Beitragsgliederung.

Rechnungen schreiben: Was muss rein - und was nicht

Eine Rechnung ist kein Vorschlag. Sie ist ein rechtlicher Dokument. Wenn du sie falsch machst, kann das Finanzamt sie als nicht ordnungsgemäß ablehnen. Dann musst du die Einnahmen nachträglich versteuern - und bekommst keine Abzüge. Und das passiert öfter, als man denkt: 43 Prozent der studentischen Freiberufler machen laut einer Umfrage Rechnungsfehler.

Was muss auf jeder Rechnung stehen?

  • Dein vollständiger Name und deine Anschrift
  • Die Anschrift des Kunden
  • Eindeutige Rechnungsnummer (z. B. RE-2025-001)
  • Datum der Rechnungsausstellung
  • Datum der erbrachten Leistung
  • Genau beschriebene Leistung (z. B. „3 Stunden Nachhilfe in Mathe, 15.05.2025“)
  • Menge und Einzelpreis
  • Gesamtbetrag netto
  • Umsatzsteuersatz (19 % oder 7 %)
  • Umsatzsteuerbetrag (wenn du sie ausweist)
  • Deine Steuernummer (nicht die Steuernummer des Kunden!)

Wenn du die Kleinunternehmerregelung nutzt, dann entfällt die Umsatzsteuer. Aber du musst darauf hinweisen: Schreibe klar „§ 19 UStG“ unter den Gesamtbetrag. Ein Gericht in München hat 2023 entschieden: Ohne diesen Hinweis ist die Rechnung ungültig. Kein „keine Umsatzsteuer“ - kein „steuerfrei“ - nur „§ 19 UStG“.

Die meisten Studenten nutzen digitale Tools wie Lexoffice, SevDesk oder Invoice Ninja. Die kosten zwischen 30 und 50 Euro im Monat - aber sie verhindern 90 Prozent der Fehler. Die erste Rechnung dauert durchschnittlich 8,3 Stunden. Mit einem Tool: 20 Minuten.

Steuererklärung: Einnahmen-Überschuss-Rechnung - einfach gemacht

Als Freiberufler machst du keine Bilanz. Du machst eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR). Das ist viel einfacher als bei Gewerbetreibenden. Du zählst einfach ein: Was hast du verdient? Was hast du ausgegeben?

Als Ausgaben kannst du alles absetzen, was du für deine Arbeit brauchst: Laptop, Software, Internet, Buchhaltungssoftware, Fahrtkosten zu Kunden, Druckkosten, sogar ein Teil deiner Miete, wenn du ein Arbeitszimmer hast. Studiengebühren? Nur im Zweitstudium als Betriebsausgabe. Im Erststudium nur als Sonderausgabe - bis max. 6.000 Euro pro Jahr.

Der Grundfreibetrag für 2025 liegt bei 12.096 Euro. Das heißt: Du zahlst keine Einkommensteuer, solange du weniger als das verdienst. Die meisten studentischen Freiberufler liegen bei 13.850 Euro Jahresumsatz - also knapp darüber. Das bedeutet: Du zahlst vielleicht 100 bis 500 Euro Steuern - nicht mehr. Und das ist ein guter Preis für die Flexibilität.

Die erste EÜR dauert durchschnittlich 14,7 Stunden. Aber mit einer Steuer-App oder einem Berater (150 Euro) kannst du das in 3 Stunden erledigen. Viele Studenten sagen: „Ich hätte es nie gedacht - es ist einfacher als ich dachte.“

Hand schreibt Rechnungsnummer, umgeben von Symbolen für Steuer und Ausgaben.

Was kommt 2025 - und wie bereitest du dich vor?

Die Regeln ändern sich. Und zwar schnell. Ab 2025 wird die elektronische Rechnungslegungspflicht kommen: Alle Freiberufler müssen ihre Rechnungen digital übermitteln - per XML oder PDF mit elektronischer Signatur. Das klingt kompliziert, ist aber nur eine technische Anpassung. Tools wie Lexoffice und SevDesk sind darauf vorbereitet.

Auch die Kleinunternehmerregelung wird sich ändern: Das Bundesfinanzministerium plant, die Grenzen auf 25.000 Euro im Vorjahr und 70.000 Euro im laufenden Jahr anzuheben. Das ist eine große Entlastung. Wenn du jetzt unter 22.000 Euro verdienst, wirst du bald unter 25.000 Euro sein - und hast noch mehr Spielraum.

Die KSK plant bis 2026 eine vereinfachte Online-Registrierung speziell für Studierende. Das wird den Einstieg noch leichter machen.

Was du jetzt tun kannst: Nutze eine Buchhaltungs-App. Mache deine erste Rechnung. Prüfe, ob du die Kleinunternehmerregelung nutzen kannst. Und wenn du künstlerisch tätig bist: Schau, ob du in die KSK musst - und ob es sich lohnt.

Die häufigsten Fehler - und wie du sie vermeidest

Die meisten Probleme kommen nicht von Unwissen, sondern von Versehen. Hier sind die Top 3 Fehler, die Studierende machen - und wie du sie vermeidest:

  1. Falsche Umsatzsteuer: 32 Prozent der Fehler. Entweder du rechnest sie aus, obwohl du die Regelung nutzt - oder du vergisst den Hinweis „§ 19 UStG“. Lösung: Nutze eine Vorlage mit automatischem Hinweis.
  2. Falsche Ausgaben: 27 Prozent. Du schreibst dein Handy als Werbekosten ab, obwohl du es privat nutzt. Oder du rechnest dein Semesterticket als Fahrtkosten. Lösung: Nur Ausgaben, die direkt mit deiner Tätigkeit zusammenhängen.
  3. Späte Steuererklärung: 19 Prozent. Du vergisst, dass du als Freiberufler eine Steuererklärung abgeben musst - auch wenn du nichts zahlst. Lösung: Setz dir einen Erinnerungstermin für den 31. Juli.

Die meisten Studenten, die einen Steuerberater hinzuziehen, sagen: „Das war die beste Investition, die ich im Studium gemacht habe.“

Darf ich als Student überhaupt freelancen?

Ja, absolut. Studierende in Deutschland dürfen freiberuflich arbeiten, solange sie nicht mehr als 20 Stunden pro Woche arbeiten, wenn sie in der gesetzlichen Krankenversicherung als Student sind. Es gibt keine gesetzliche Obergrenze für das Einkommen - aber du musst deine Einkünfte versteuern und dich bei der Steuer als Freiberufler anmelden. Viele Studenten arbeiten 5-10 Stunden pro Woche und verdienen damit 500-1.500 Euro im Monat - das ist völlig legal und weit verbreitet.

Brauche ich eine Gewerbeberechtigung, wenn ich als Student freelance?

Nein. Wenn du freiberuflich tätig bist - also kreativ, wissenschaftlich oder beratend - brauchst du kein Gewerbe. Du meldest dich beim Finanzamt als Freiberufler an. Nur wenn du Waren verkaufst, produzierst oder Handel treibst (z. B. T-Shirts, gebrauchte Bücher, Handwerk), brauchst du ein Gewerbe. Die meisten Studenten, die als Designer, Übersetzer oder Tutor arbeiten, sind Freiberufler - kein Gewerbetreibender.

Was passiert, wenn ich die Kleinunternehmerregelung nicht nutze, obwohl ich unter 22.000 Euro verdient habe?

Dann musst du Umsatzsteuer auf deine Rechnungen ausweisen, monatliche Vorauszahlungen abgeben und eine jährliche Erklärung machen - obwohl du kaum Einnahmen hast. Du zahlst also unnötig Zeit, Geld und Aufwand. Zum Beispiel: Bei 18.000 Euro Umsatz zahlst du 3.420 Euro Umsatzsteuer. Wenn du die Regelung genutzt hättest, hättest du nichts abgeführt. Und wenn du Vorsteuer abziehen kannst, dann ist das ein Vorteil - aber bei den meisten Studierenden ist der Aufwand höher als der Nutzen. Also: Nutze die Regelung, wenn du unter 22.000 Euro verdienst.

Kann ich meine Studienkosten als Ausgabe absetzen?

Ja - aber nur begrenzt. Im Erststudium kannst du Studiengebühren als Sonderausgaben absetzen - maximal 6.000 Euro pro Jahr. Im Zweitstudium - also wenn du z. B. nach dem Bachelor einen Master in einem anderen Fach machst - kannst du die Gebühren als Betriebsausgaben absetzen. Das ist viel besser, denn dann gibt es keine Obergrenze. Auch Laptop, Software und Bücher kannst du als Betriebsausgaben absetzen - egal ob Erst- oder Zweitstudium, solange sie für deine Tätigkeit als Freiberufler nötig sind.

Was ist mit der Krankenversicherung - muss ich die studentische aufgeben?

Nur, wenn du dich in die Künstlersozialkasse einträgst. Dann verlierst du deinen Studentenstatus in der Krankenkasse. Wenn du die KSK nicht nutzt, kannst du deine studentische Krankenversicherung behalten - auch wenn du als Freiberufler mehr als 450 Euro im Monat verdienst. Du zahlst dann weiterhin den Studentenbeitrag von etwa 110 Euro. Du musst dich nur entscheiden: Entweder du bleibst bei der studentischen Krankenversicherung und hast keine Sozialversicherung für deine Freelance-Einkünfte - oder du wechselst in die KSK und bekommst volle Absicherung für wenig Geld.

Freelancing im Studium ist kein Risiko - es ist eine Chance. Du baust Erfahrung auf, lernst, wie das Berufsleben funktioniert, und finanzierst dein Studium selbst. Mit den richtigen Regeln im Kopf - und den richtigen Tools in der Hand - kannst du das ohne Stress, ohne Überraschungen und ohne unnötige Kosten machen. Du brauchst keine Expertin oder keinen Experten, um loszulegen. Du brauchst nur ein bisschen Ordnung. Und das kannst du lernen.