Coding-Wettbewerbe in Österreich: Wie MINT-Talente durch Olympiaden ihre Zukunft gestalten

Coding-Wettbewerbe sind die unsichtbare Pipeline für Österreichs Tech-Zukunft

Stell dir vor, du bist 15, hast gerade eine Programmieraufgabe gelöst, die deine ganze Klasse verzweifeln ließ - und plötzlich bekommst du ein Praktikum bei einem der größten Tech-Unternehmen Österreichs. Das ist kein Traum. Das passiert jedes Jahr Hunderten Schüler:innen in Österreich - durch Coding-Wettbewerbe und MINT-Olympiaden. Diese Wettbewerbe sind nicht nur Spiele mit Code. Sie sind der entscheidende Sprungbrett, der Talente aus dem Klassenzimmer direkt in die Arbeitswelt bringt. Und sie funktionieren. 63 % aller österreichischen IT-Auszubildenden haben vorher an einem solchen Wettbewerb teilgenommen. Das ist keine Zufallstatistik. Das ist ein System.

Die großen Namen: Was genau läuft in Österreich?

Es gibt nicht einen einzigen Coding-Wettbewerb in Österreich. Es gibt ein ganzes Netzwerk - mit unterschiedlichen Formaten, Altersgruppen und Schwerpunkten. Der Catalysts Coding Contest ist der größte und professionellste. Er richtet sich an Schüler:innen bis 21 Jahre und besteht aus drei Online-Runden mit realen Programmieraufgaben in Python oder Java. Die Aufgaben werden automatisch von CodeForces bewertet - genau wie bei internationalen Wettbewerben. Die Top-Platzierten bekommen nicht nur Urkunden, sondern direkte Jobangebote von Catalysts GmbH. Im Jahr 2023 erreichten 78 % der Top-3-Platzierten innerhalb von sechs Monaten eine Anstellung oder ein Praktikum.

Ein anderer Wettbewerb, der besonders für Anfänger:innen geeignet ist, ist COUNT IT. Er läuft an über 300 Schulen und ist in zwei Altersstufen aufgeteilt: Scratch für die 11. und 12. Schulstufe, Python für die 12. und 13. Schulstufe. Die Plattform erklärt Fehler Schritt für Schritt - ideal, wenn du noch nie programmiert hast. Die meisten Schulen planen acht Wochen Vorbereitung ein. Und das funktioniert: Teilnehmer:innen, die an COUNT IT teilnehmen, sind doppelt so wahrscheinlich, später eine MINT-Ausbildung zu beginnen, als Schüler:innen, die nur Mathematik-Tests machen.

Wenn du lieber mit Maschinen arbeitest, dann ist Austria RoboCup Junior deine Chance. Hier bauen und programmierst du Roboter, die autonom Aufgaben erledigen - ob im Rescue-Modus, beim Fußball oder auf der Bühne. Die Kategorien sind in Primaries (10-14 Jahre) und Secondaries (15-19 Jahre) unterteilt. Du brauchst LEGO Mindstorms oder Arduino-Kits. Es ist teurer als ein Computer, aber die Erfahrung ist unbezahlbar. 89 % der Teilnehmer:innen entscheiden sich später für ein MINT-Studium - ein deutlich höherer Wert als bei reinen Theorie-Wettbewerben.

Und dann gibt es noch Naboj, einen internationalen Mathematik-Wettbewerb mit Coding-Elementen. Teams von fünf Schüler:innen lösen in 120 Minuten 40 Aufgaben - mit Papier und Stift. Kein Computer nötig. Das macht es zugänglich, aber auch anspruchsvoll. Es ist kein reiner Coding-Wettbewerb, aber er verbindet logisches Denken mit algorithmischem Verständnis - eine Grundlage für alles, was später kommt.

Was bringt es wirklich? Karrierechancen, die du nicht in der Schule bekommst

Warum sollten Schüler:innen sich das antun? Weil es sich lohnt. Die meisten Schulen lehren Programmieren nur oberflächlich. In Wettbewerben lernst du, wie man Probleme wirklich löst - nicht nur, wie man eine Schleife schreibt. Du lernst, wie man Code liest, debuggt, optimiert und unter Druck funktioniert. Das ist das, was Unternehmen suchen.

Die Zahlen sprechen für sich: 92 % der österreichischen Tech-Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitenden nutzen Coding-Wettbewerbe als Rekrutierungsinstrument. Das bedeutet: Wenn du bei einem der großen Wettbewerbe gut abschneidest, bist du nicht nur ein guter Schüler. Du bist ein beweisbarer Talent. Du hast schon gearbeitet - nur eben ohne Lohn. Einige Unternehmen wie CIB oder Catalysts bieten sogar Stipendien bis 5.000 € oder Praktika mit Übernahmeoption an. Der Edison Junior Innovationspreis vergibt sogar 10.000 € für die besten Projekte.

Und es geht nicht nur um Jobs. Es geht um Community. Viele Teilnehmer:innen berichten, dass sie zum ersten Mal andere finden, die genauso ticken wie sie. Der JKU Girls Only IT-Club, der nur Mädchen einlädt, hat die Beteiligung von weiblichen Teilnehmer:innen von 28 % auf 65 % gesteigert. Das zeigt: Wenn du die richtige Umgebung bekommst, blühen Talente auf.

Ein Mädchen hält einen selbstgebauten LEGO-Roboter, während hinter ihr eine Karte Österreichs die regionale Teilnahmelücke zeigt.

Die Probleme: Wer bleibt außen vor?

Doch es gibt ein großes Problem: Nicht alle haben die gleichen Chancen. Schüler:innen aus ländlichen Regionen nehmen 3,2-mal seltener an Wettbewerben teil als Schüler:innen aus Wien. In Tirol erreichen Talente-Österreich-Initiativen nur 60 % der Schulen - in Oberösterreich sind es 92 %. Das ist keine Frage des Talents. Das ist eine Frage des Zugangs.

Und dann ist da noch die soziale Ungleichheit. 70 % der Finalist:innen kommen aus Familien mit akademischem Hintergrund. Warum? Weil sie Unterstützung haben - Eltern, die wissen, was ein Coding-Wettbewerb ist, oder Zugang zu Nachhilfe und Ressourcen. Schulen ohne Informatik-Lehrkräfte bekommen kaum Unterstützung. Ein Nutzer auf Reddit beschreibt es so: „COUNT IT ist ideal - aber nur, wenn deine Schule einen Lehrer hat, der dich vorbereitet.“

Und dann gibt es technische Probleme. Ein ehemaliger RoboCup-Teilnehmer berichtete auf LinkedIn, dass sein Team 2023 wegen eines Hardware-Fehlers disqualifiziert wurde - ohne klare Beschwerdemöglichkeit. Solche Ungerechtigkeiten schaden dem Vertrauen in die Systeme.

Wie fängst du an? Der Einstieg ist einfacher, als du denkst

Wenn du noch nie programmiert hast: Fang klein an. Der JKU COOL Mini Club ist für Kinder ab der 3. Schulstufe - mit spielerischen Aufgaben, die Logik und Struktur vermitteln. Du brauchst keinen Computer. Du brauchst nur Neugier.

Wenn du in der 7. bis 10. Klasse bist: Melde dich beim COUNT IT-Vorbereitungskurs an. Deine Schule muss sich bis zum 15. September anmelden. Wenn sie das nicht tut, frag einfach deinen Informatiklehrer oder den Schulleiter. Die Materialien sind kostenlos. Die OCG stellt ein 250-seitiges Handbuch zur Verfügung - auch wenn viele es als zu technisch finden. Aber es gibt auch Online-Dojos der JKU, die dich Schritt für Schritt begleiten.

Wenn du schon ein bisschen kannst: Versuch’s mit dem Catalysts Coding Contest. Du brauchst Grundkenntnisse in Python oder Java. Die Trainingszeit? Etwa 120 Stunden - das ist weniger als ein Semester in der Schule. Aber es lohnt sich. Wer in den Top 50 landet, hat schon einen Fuß in der Tür der Tech-Branche.

Und wenn du lieber mit Robotern arbeitest: Hol dir ein LEGO Mindstorms-Set. Es kostet nicht viel. Du findest Tutorials auf YouTube. Du brauchst keinen Kurs. Du brauchst nur Zeit und Ausdauer.

Ein symbolischer Baum mit Code-Wurzeln und Roboter-Blättern wächst aus Schüler:innen, die in Richtung Karrierechancen wachsen.

Was kommt als Nächstes? Die Zukunft der MINT-Wettbewerbe

Österreich investiert noch zu wenig - nur 1,2 Millionen Euro im Jahr für alle Wettbewerbe. Deutschland gibt siebenmal so viel aus. Trotzdem wächst die Teilnehmerzahl jedes Jahr um 8,7 %. Das zeigt: Die Nachfrage ist da. Die Politik reagiert langsam, aber sie reagiert. Mit der Initiative „MINT-ist-Zukunft“ soll bis 2025 eine nationale Datenbank entstehen, die alle Wettbewerbe bündelt - und regionale Ungleichheiten sichtbar macht.

Neue Formate kommen: Der „Coding for Climate“-Wettbewerb, finanziert mit 500.000 € aus dem Klimafonds, lädt Schüler:innen ein, Software für Umweltprobleme zu entwickeln. Und das „MINT-Festival“ verbindet Wettbewerbe mit Workshops - so wird aus Konkurrenz Gemeinschaft.

Die größte Chance liegt darin, dass Wettbewerbe immer mehr mit dualen Ausbildungen verknüpft werden. Ein Gewinner des CIB-Wettbewerbs bekommt nicht nur einen Preis - er bekommt ein Praktikum bei einer spanischen Bank. Das ist keine Zukunftsvision. Das passiert jetzt.

Warum das alles wichtig ist

Österreich hat 38.000 offene IT-Stellen. Und keine ausreichende Zahl an qualifizierten Bewerber:innen. Die Lösung liegt nicht in der Importierung von Fachkräften aus dem Ausland. Die Lösung liegt in den Schüler:innen, die gerade in deiner Klasse sitzen. Coding-Wettbewerbe sind der Schlüssel, um sie zu finden, zu fördern und zu halten.

Du musst kein Genie sein. Du musst nicht alles wissen. Du musst nur anfangen. Eine Aufgabe lösen. Einen Fehler beheben. Einen Roboter zum Laufen bringen. Und dann noch eine. Und noch eine. Die Welt braucht nicht mehr Programmierer. Die Welt braucht Menschen, die Probleme lösen - und diese Wettbewerbe zeigen dir, wie das geht.

Welcher Coding-Wettbewerb ist für Anfänger:innen am besten geeignet?

Für absolute Anfänger:innen ist COUNT IT die beste Wahl, besonders wenn du in der 11. oder 12. Schulstufe bist. Die Plattform erklärt Fehler Schritt für Schritt und nutzt Scratch oder Python - je nach Alter. Wenn du jünger bist (3. bis 5. Schulstufe), starte mit dem JKU COOL Mini Club, der spielerisch Logik und Struktur vermittelt. Beide Formate sind kostenlos, schulbasiert und erfordern keine Vorkenntnisse.

Wie viel Zeit braucht man, um bei einem Wettbewerb erfolgreich zu sein?

Für den Catalysts Coding Contest (CCC) brauchst du etwa 120 Stunden Training, um in die Top 50 zu kommen. Das sind etwa drei Stunden pro Woche über vier Monate. Für COUNT IT reichen 40-60 Stunden, wenn du regelmäßig übst. Wichtig ist nicht die Menge, sondern die Konsistenz: Täglich 20 Minuten lösen mehr als einmal die Woche drei Stunden. Die meisten erfolgreichen Teilnehmer:innen üben über Monate - nicht nur in der Woche vor dem Wettbewerb.

Kann man auch ohne Informatik-Lehrer teilnehmen?

Ja, aber es ist schwieriger. Die OCG und JKU bieten kostenlose Online-Ressourcen, wie das Coding-Academy-Handbuch oder Dojos mit interaktiven Übungen. Du kannst dich auch in Gruppen mit anderen Schüler:innen zusammenschließen. Viele Schulen haben Schüler:innen, die schon Erfahrung haben - frag sie nach Hilfe. Auch Reddit-Communities wie r/austria oder das Talente-Österreich-Forum sind nützlich. Es geht nicht darum, alles allein zu können - sondern darum, anzufangen und Hilfe zu suchen.

Welche Programmiersprache sollte man lernen?

Für Anfänger:innen ist Python die beste Wahl - sie ist einfach zu lernen und wird in fast allen Wettbewerben verwendet, vom COUNT IT bis zum Catalysts Coding Contest. Scratch ist ideal für jüngere Schüler:innen, um Grundkonzepte wie Schleifen oder Bedingungen zu verstehen. Wenn du älter bist und dich auf Wettbewerbe wie CCC oder die Internationale Informatik-Olympiade vorbereiten willst, solltest du dich auf Python konzentrieren und später auch Java kennenlernen. C++ ist nur für Fortgeschrittene nötig - und meist nur bei internationalen Wettbewerben.

Gibt es Wettbewerbe speziell für Mädchen?

Ja, und sie funktionieren sehr gut. Der JKU Girls Only IT-Club ist ein Beispiel - er bringt Mädchen zwischen 13 und 18 Jahren zusammen, um gemeinsam zu lernen und an Wettbewerben teilzunehmen. Die Beteiligung von Mädchen steigt dort von 28 % auf 65 %. Auch andere Initiativen wie „Girls in Tech“ oder „MINT für Mädchen“ bieten spezielle Kurse an. Diese Formate reduzieren Ängste und schaffen eine unterstützende Umgebung - und viele Teilnehmerinnen gehen danach in die großen Wettbewerbe wie CCC oder COUNT IT.

Was passiert nach dem Wettbewerb? Bekommt man wirklich einen Job?

Ja - und zwar häufiger, als du denkst. Top-Teilnehmer:innen des Catalysts Coding Contest erhalten direkt Job- oder Praktikumsangebote. Bei anderen Wettbewerben wie CIB oder Edison Junior geht es oft um Stipendien, Forschungspraktika oder die Einladung zu Informationsveranstaltungen von Unternehmen. Selbst wenn du nicht gewinnst, aber in den Top 10 landest, wird dein Name in den Datenbanken der Tech-Unternehmen gespeichert. Viele Schüler:innen berichten, dass sie nach dem Wettbewerb von Unternehmen kontaktiert wurden, die sie gar nicht kannten. Es ist wie ein unsichtbarer Lebenslauf - der dir vor deinem Abschluss schon Türen öffnet.

1 Kommentare

  1. Maximilian Erdmann

    Maximilian Erdmann

    lol ich hab mal bei COUNT IT mitgemacht und dachte ich wäre ein Genie... bis ich gesehen hab, dass mein Code von nem 13-jährigen aus Graz in 3 Minuten optimiert wurde 🤡

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