Lehrerfortbildung für digitales Unterrichten: Praxisnahe Angebote und was wirklich hilft

Im Jahr 2025 ist digitales Unterrichten kein Trend mehr - es ist Alltag. Doch viele Lehrkräfte fühlen sich überfordert. Die Schulen haben Tablets und Whiteboards, aber keine klare Anleitung, wie man sie sinnvoll einsetzt. Die gute Nachricht: Es gibt Hunderte von Fortbildungen. Die schlechte Nachricht: Die meisten helfen nicht wirklich. Warum? Weil sie zu theoretisch sind, zu wenig auf den eigenen Unterricht zugeschnitten oder einfach zu kurzfristig.

Was wirklich in der Praxis zählt

Die meisten Fortbildungen beginnen mit einer langen Liste von Tools: Lernplattformen, Apps, KI-Generatoren. Aber wer hat schon Zeit, jeden Tag eine neue App auszuprobieren? Was zählt, ist nicht die Zahl der Tools, sondern die Zahl der Situationen, in denen du sie im Unterricht wirklich einsetzen kannst. Laut einer Studie des Landesinstituts für Schule und Medien Berlin-Brandenburg (LISUM) setzen nur 32 % der Lehrkräfte nach einer Einzel-Fortbildung digitale Methoden dauerhaft ein. Der Grund? Keine Begleitung. Keine Möglichkeit, Fehler zu machen und zu lernen.

Wie du die richtige Fortbildung findest

Nicht jede Fortbildung ist für jeden geeignet. Eine Grundschullehrerin braucht andere Werkzeuge als ein Techniklehrer in der Berufsschule. Deshalb lohnt es sich, genau hinzuschauen:

  • Praxisnah oder Theorie? Frag nach: „Kann ich das morgen im Unterricht nutzen?“ Wenn die Antwort „nach einigen Wochen Übung“ lautet, dann ist es wahrscheinlich nicht die richtige.
  • Wie lange dauert es? Die besten Angebote sind kurz: 30-60 Minuten pro Modul. Die bayerische Akademie für Lehrerfortbildung (ALP Dillingen) bietet 22 solcher „eSessions“ an - jede ist ein kleiner, anwendbarer Schritt.
  • Wer macht sie? Landesweite Angebote (z. B. aus Hessen, NRW oder Bayern) sind oft besser als bundesweite, weil sie an den jeweiligen Lehrplan angepasst sind. In Nordrhein-Westfalen beziehen 87 % der Fortbildungen explizit den „Orientierungsrahmen für die Lehrerausbildung“ mit ein.
  • Gibt es Nachbetreuung? 52 % der Lehrkräfte geben an, dass sie nach der Fortbildung niemanden haben, den sie bei technischen Problemen fragen können. Suche nach Angeboten mit Chat-Support, Peer-Coach-Modellen oder regelmäßigen Austauschtreffen.

Was funktioniert wirklich - Beispiele aus der Praxis

In Nordrhein-Westfalen hat die „Digitale Fortbildungsoffensive“ 18 Millionen Euro in praxisnahe Module gesteckt. Eine Lehrerin aus Köln berichtet: „Mit BookCreator und Padlet habe ich endlich einen Weg gefunden, meine Schüler:innen kreativ einzubinden. Ich brauchte nur eine Stunde, um es zu lernen - und jetzt nutzen wir es jede Woche.“

In Bayern ist die ALP Dillingen ein Vorbild. Ihre „eSessions“ sind nicht mal ein Seminar, sondern kleine, selbstgesteuerte Lernpfade. Ein Modul zum Einsatz von KI im Deutschunterricht dauert 12 Stunden - verteilt auf mehrere Wochen. Du kannst es in deinem Tempo machen, pausieren, wiederholen. Und am Ende hast du nicht nur Wissen, sondern auch ein konkretes Unterrichtsbeispiel, das du übernehmen kannst.

Hessen geht einen anderen Weg: Mit „Hybriden Lernlandschaften“ verbinden sie analoge und digitale Methoden gezielt. Kein „entweder-or“, sondern „sowohl-als-auch“. Das ist besonders sinnvoll für berufliche Schulen, wo Praxis und Theorie eng zusammengehören.

Lehrkraft arbeitet mit BookCreator auf Laptop, Kaffee und Notizen auf dem Tisch.

Was du nicht brauchst

Du brauchst keine teuren Schulungen von privaten Anbietern, die dir „den digitalen Durchbruch“ versprechen. Du brauchst auch nicht unbedingt ein neues Gerät. 98 % der Fortbildungen funktionieren mit einem einfachen Laptop und einem modernen Browser. Der größte Hinderungsgrund ist nicht die Technik - es ist die Angst, etwas falsch zu machen.

Und du brauchst keine Fortbildung, die dir sagt: „Nutzt KI!“. KI ist kein Zauberstab. Sie ist ein Werkzeug - wie ein Lineal oder ein Taschenrechner. Du musst lernen, wann du sie einsetzt, wann nicht. Ein Beispiel: KI kann dir helfen, Aufgaben zu formulieren oder Feedback zu generieren. Aber sie kann nicht beurteilen, ob ein Schüler versteht, warum ein Gedicht traurig klingt.

Die größte Hürde: Zeit und Unterstützung

Die meisten Lehrkräfte sagen: „Ich habe keine Zeit.“ Und das ist ehrlich. Eine Fortbildung, die 10 Stunden dauert, ist sinnlos, wenn du danach nicht die Möglichkeit hast, sie umzusetzen. Die Lösung? Kollegiale Begleitung. In 12 von 16 Bundesländern gibt es mittlerweile Peer-Coach-Modelle: Ein:e Kolleg:in, der/die die Fortbildung schon gemacht hat, hilft dir im Alltag. Kein Seminar, kein Vortrag - einfach ein Gespräch beim Kaffee, ein Blick auf deine Planung, eine schnelle Frage beantwortet.

Und du brauchst eine Schule, die dir Zeit gibt. Ein Medienentwicklungsplan, den jede Schule seit Januar 2024 vorlegen muss, ist ein wichtiger Schritt. Er verpflichtet die Schulleitung, Fortbildung nicht als Zusatz, sondern als Teil der täglichen Arbeit zu sehen.

Drei Lehrkräfte tauschen sich über digitale Unterrichtsmethoden beim Kaffee aus.

Was kommt als Nächstes?

Bis 2026 will die Kultusministerkonferenz einen bundeseinheitlichen Kompetenzrahmen für digitale Bildung einführen. Das klingt gut - aber bisher ist die Lage chaotisch: Nur 42 % der Fortbildungen werden landesübergreifend anerkannt. Und 31 % der Angebote haben keine klaren Lernziele - das ist kein Fortschritt, das ist Chaos.

Doch es gibt Hoffnung. Bayern führt ab 2025 digitale Kompetenzen in die Lehrerprüfung ein. Das ist ein klares Signal: Digitales Unterrichten ist kein Zusatz, es ist Kernkompetenz. Und TechUcation, eine gemeinnützige Organisation, bietet kostenlose, qualitativ hochwertige Kurse an - ohne Werbung, ohne Verkaufsgespräche, nur für den Unterricht.

Was du jetzt tun kannst

1. Prüfe, was dein Bundesland anbietet. Gehe auf die Website deiner Landesbildungsbehörde. Suche nach „Lehrerfortbildung digitales Unterrichten“.

2. Suche nach Modulen, nicht nach Seminaren. Wähle Angebote mit klaren, kurzen Lernschritten - wie die „eSessions“ aus Bayern.

3. Finde einen:e Kolleg:in. Sprich jemanden aus deiner Schule an, der oder die schon digitale Tools nutzt. Biete an, gemeinsam zu lernen.

4. Beginne klein. Versuch nicht, alles auf einmal umzusetzen. Nimm dir eine einzige App vor - z. B. Padlet für einen Austausch in der Klasse - und nutze sie eine Woche lang. Beobachte, wie die Schüler:innen reagieren.

5. Frage nach Nachbetreuung. Wenn deine Fortbildung keinen Support anbietet, frag nach: „Gibt es eine Möglichkeit, nach der Schulung noch Fragen zu stellen?“

Warum das alles wichtig ist

Digitales Unterrichten geht nicht um Technik. Es geht darum, Kinder und Jugendliche auf eine Welt vorzubereiten, in der Informationen schnell wechseln, KI Entscheidungen unterstützt und Kreativität gefragt ist. Wenn du als Lehrkraft nicht weißt, wie du das in deinen Unterricht einbaust, dann verlieren deine Schüler:innen nicht nur Wissen - sie verlieren Vertrauen. In einer Zeit, in der alles digital wird, ist die Schule der letzte Ort, an dem sie lernen können, wie man verantwortungsvoll damit umgeht.

Die Fortbildungen existieren. Die Mittel sind da. Die Technik ist verfügbar. Was fehlt, ist nicht das Wissen - sondern die Zeit, die Unterstützung und der Mut, es einfach auszuprobieren.